Katharina Ley – Versöhnung mit den Eltern. Wege zur inneren Freiheit – Walter Verlag – Rezension
Das mir im Jahr 2023 vorliegende Taschenbuch ” Versöhnung mit den Eltern. Wege zur inneren Freiheit.” ist als 5. Auflage 2006 im Impressum benannt; also schon etwas älter. Bereits das 8 Seiten lange Vorwort ist m. E. im Verhältnis zum Gesamtbuch mit 219 Seiten zu lange geraten. Der erste Eindruck, dass die im Vorwort bereits erkennbare langatmige Erzählweise sich in den dann folgenden Kapiteln fortsetzen würde, erwies sich leider als zutreffend. Das Buch ist in einfachen Worten geschrieben, was im besten Fall bewußt so gestaltet wurde, um dem Zielpublikum entgegenzukommen: mutmaßlich dem psychologischen Laien. Diverse Themen wie z. B. “das innere Kind” werden zwar angesprochen, jedoch ohne jegliche tiefergehende Erläuterung, wie man es von einer praktizierenden Psychoanalytikerin eigentlich erwarten dürfte. Zu diesem Thema gibt es weit bessere Bücher.
Es werden wiederholt Allgemeinplätze genutzt: “Wer wenig Vertrauen in sich selbst und in andere Menschen hat, tendiert dazu, sich an andere anzuklammern” (S. 23), “Lieber das vertraute Unglück, als etwas Neues” (S. 24), oder “Die primären Beziehungen zu Eltern und Geschwistern sind die prägendsten im Leben” (S. 44).
Immerhin werden die immer wieder eingestreuten Übungen leicht verständlich beschrieben und sind entsprechend durchzuführen. Wiederholt werden Fallbeispiele ausführlich dargestellt. Jedoch sind die Interpretationen und Erklärungen der Autorin im Verhältnis dazu zu kurz, zu oberflächlich (z. B. S. 49, S. 52, S. 53). Therapieansätze fehlen zuweil ganz. Gewöhnungsbedürftig ist auch die pseudo-prosaische Wortwahl: “Herz hart geworden…” (S. 56 unten und weitere). Manche Aussagen klingen wie Binsenweisheiten: “Wenn massive direkte Gewalt im Spiel war, kann ein Kind ernsthaft und nachhaltig traumatisiert und geschädigt worden sein” (S. 57): ich erlaube mich hier zu fragen, was bei indirekter Gewalt passiert und ob eine Traumatisierung nicht immer “ernsthaft” ist? Oder auch dieses Beispiel: “Es ist ohnehin der Wunsch, mit sich ins Reine zu kommen, der am wichtigsten ist” (S. 61) – welchen Mehrwert bringen solche Floskeln? Weiter geht es mit Mutmaßungen, wie “Vielleicht hätte es Daniel als Kind verstanden,…”(S. 64), statt konkrete Hilfestellungen zu geben, wie man mit Kindern in solchen Situationen umgehen sollte. Die fehlenden Buchstaben in einzelnen Wörtern runden meinen zweifelhaften Eindruck von diesem Buch ab. Beispielhaft hier nur eine der vielen Stellen zitiert:”Als er es ihm sagte, meine sein Vater” , statt “meinte”. (S. 65 letzter Abschnitt)
Wenn dann noch Entwicklungspsychologie im Schnelldurchgang beschrieben wird (S. 87 Mitte), dann ist man spätestens versucht das Buch wegzulegen.
Mein Fazit: oberflächlich, viele Wiederholungen, Phrasen (“Es ist undenkbar aufzuwachsen, ohne Verletzungen zu erleiden” S. 74) statt irgendwelcher fundamentaler Erkenntnisse. Ein Zitat aus dem Buch ist jedoch sehr zutreffend : “Gut gemeint ist das allerschlimmste” (S. 90). Dass dieses Zitat bereits auf Seite 54 unten benutzt wird, ohne darauf hinzuweisen, dass es ein Zitat ist, spricht für sich.
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